Das Bild brachte die Lösung Teil 1

Reiner Ponschab /
Wissenswertes

Ein Fall aus der Praxis von Dr. Reiner Ponschab 1

In einem ostwestfälischen Unternehmen für Feinmechanikwerkzeuge gab es erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den Leitern des Vertriebs (Adrian) und der Produktion (Bernhard). Anlass für diesen Konflikt war aus der Sicht des Produktionsleiters Bernhard vor allem, dass Adrian mit seinen Leuten immer wieder Produkte anbot, welche in der Produktion nicht gewinnbringend herzustellen waren, während der Vertriebsleiter Adrian die mangelnde Flexibilität und Kooperationsbereitschaft der Produktion bemängelte.

Der Eigentümer des Unternehmens, Dr. Gutfürst, sah diesen Zwist mit großer Sorge, denn er beschädigte nicht nur die Beziehung der beiden Führungskräfte, sondern führte zu einer „Rudelbildung“ der beiden Teams von Produktion und Vertrieb, die eigentlich auf eine gute Zusammenarbeit angewiesen waren. So war es nicht verwunderlich, dass Adrian schon über einen Abschied aus dem Unternehmen nachdachte und ein Mitarbeiter Bernhards, bedingt durch die schlechte Stimmung, ernsthaft erkrankt war.

Mediation als Lösungsversuch

Auf einer Unternehmertagung hatte ein Kollege Dr. Gutfürst von einer gelungenen Mediation erzählt, was ihn verwunderte, weil er von diesem Verfahren noch nie etwas gehört hatte. Einen Versuch schien es ihm dennoch wert zu sein, denn er meldete sich kurz darauf bei mir und bat um einen Termin. Im Rahmen einer Sitzung zum gegenseitigen Kennenlernen von Dr. Gutfürst, Adrian, Bernhard und mir wurden wir uns schnell einig, dass das Verfahren der Mediation gute Chancen für diesen Konflikt böte und die beiden Kontrahenten Vertrauen zu mir hatten. „Hauptsache, es funktioniert wieder“ lautete der Schlusssatz von Dr. Gutfürst, nachdem er den Mediationsauftrag erteilt hatte. Das klang nicht so recht nach Begeisterung, eher nach:

„In allen Dingen ist besser hoffen als verzweifeln.“ 2

Dieses wie auch die folgenden Gespräche fanden in einem idyllisch gelegenen Waldrestaurant statt. Neben einem komplett ausgestatteten Besprechungsraum und einer beruhigenden Umgebung bot uns dieser Ort die Gelegenheit, Gespräche während eines Spaziergangs zu führen, was ideale Voraussetzungen für eine gute Synchronisation der Parteien und eine erfolgreiche Mediation sind.

Einzelgespräche zur De-Eskalation

Da ich die Parteien nicht emotional aufgeheizt in die Mediation gehen lassen wollte, hatte ich eine Coach-Mediation vorgeschlagen. Sie besteht darin, dass ich zunächst Einzelgespräche mit den Beteiligten führe, in denen ich die Bereitschaft zur Veränderung wecke, bevor ich in den Prozess der Konfliktlösung durch die Mediation einsteige. Dadurch verweben sich die beiden Verfahren. Punkte, die sonst erst in der Mediation besprochen werden, werden bereits in den Vorgesprächen geklärt und die Parteien können deeskaliert in die Mediation einsteigen.

Bernhard

Bei unserem ersten Treffen schilderte mir Bernhard seine Sicht der Dinge: Für ihn sei es ein hoher Wert, die Anforderungen der Kunden zu 100 Prozent zu erfüllen, während Adrian ihm öfters empfehle, ein Auge zuzudrücken. Außerdem müsse er für die von Adrians Abteilung gewonnenen Aufträge erheblich in die Produktion investieren. Das führe dazu, dass er oft zwischen zwei Stühlen sitze: Er müsse einerseits Geld für das Unternehmen verdienen, andererseits aber die vom Vertrieb vorgegebenen Preise einhalten, was nicht möglich sei, ohne von seinen Qualitätsvorstellungen abzuweichen.

Adrian

Zwei Wochen später traf ich Adrian, der meinte, dass die Divergenz vor allem dadurch entstehe, dass man unterschiedliche Ziele verfolge, statt gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Man sollte intern einig sein und sich nicht wie Konkurrenten verhalten, die sich bei Pannen gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben. Er möchte, dass Bernhard und sein Team erkennen, dass die Kunden den gesamten Betrieb finanzieren. Daher wünsche er sich, dass ein Problem gemeinsam angegangen, die Kommunikation verbessert und vor allem seine Arbeit geschätzt werde.

Alle speziellen Angaben dieses Falles wurden aus Gründen der Diskretion verändert.

Goethe, Torquato Tasso, 3. Akt, 4. Szene

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